Reykjanes - Geologie im Kleinformat
Vulkane, Lavafelder, Schlammquellen
Zu Unrecht wird die Halbinsel Reykjanes, auf der der Flughafen liegt, oft links liegen gelassen. Zugegeben, als ich das erste Mal nach Island kam im August 1994 und in feinstem Nieselregen mit dem Bus nach Reykjavík gefahren bin, war ich erschrocken. Was, wenn die nächsten drei Wochen auch nur triste Lavalandschaft zu erwarten ist? Aber dieser erste Eindruck hat sich als völlig falsch erwiesen. Die Vielfältigkeit Islands ist umwerfend. Trotzdem lohnt der genauere Blick und vor allem auch der Besuch der Halbinsel Reykjanes. Um die kleinen, feinen geologischen Schönheiten genießen zu können, empfiehlt sich der Besuch am Ende einer Islandreise, wenn man die übrigen grandiosen Naturlandschaften und Naturschauspiele erlebt hat und diese Geologie im Kleinformat zu schätzen weiß.
Die rauhen, moosüberwachsenen Lavafelder zeugen von vergangener vulkanischer Aktivität. Der Vulkankegel Keilir springt ins Auge, stellen wir uns doch Vulkane mit einem wohlgeformten Kegel vor. Die Berge rund um Keilir sind aber auch Vulkane, die durch die Rundrücken schwer von einem Laien als solche erkannt werden.
Die mittelatlantische Verwerfungszone zieht sich von Reykjanes über das zentrale Hochland nach Norden und in den Nordatlantik hinein. Aufgrund dieser Spannungen entlang der Erdplatten, die sich auseinanderbewegen, gibt es Vulkanismus in Island.
Auf Reykjanes kann man über die "Brücke zwischen den Kontinenten" in nur wenigen Schritten symbolisch von Europa nach Amerika gehen. Also von der Eurasischen Erdplatte zur amerikanischen Erdplatte. Selbstverständlich sind die Erdplatten nicht so klar umrissen, dass es wirklich so ist, aber näher als auf Reykjanes ist das nirgendwo sonst möglich.
Besonders interessant ist das Solfatarengebiet Seltún/Krýsuvík, wo Sie Dampf aus dem Erdinneren aufsteigen sehen. Über Stege und Wege können Sie durch das kleine Gebiet spazieren, in dem farbenprächtige Schlammquellen brodeln. Man fühlt sich wie in einer "Hexenküche". Auch die Schwefelgerüche passen hervorragend dazu.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt der See Kleifarvatn, der im Krimi-Roman "Kältezone" von Arnaldur Indriðason Schauplatz war.
Wenn Sie mehr Zeit haben, lohnen sich auch Wanderungen durch die erkalteten Lavafelder oder Sie können an der 425 zur westlichsten Spitze fahren und bei Reykjanestá den Nordatlantik erleben, wie er dort heftig an die raue Küste anbrandet. In der berühmten Blauen Lagune können Sie zum Abschluss des Tages ein entspannendes Bad im milchig-blauen Thermalwasser nehmen (Vorbuchung Pflicht).
Ingrid Herrmann